Stopp des Smart Meter Rollouts: Unser Statement

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Stopp des Smart Meter Rollouts: Unser Statement

Smart Meter sind in Zukunft als wesentlicher Bestandteil der Energiewende unersetzlich, um durch mehr Transparenz im Stromnetz Erzeugung und Verbrauch bestmöglich aufeinander abzustimmen und Endkunden Transparenz über ihren Verbrauch und weitere Mehrwertdienste zu bieten. So war es im Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende vorgesehen; ab 2017 sollte der Einbau der im Gesetzestext „intelligente Messsysteme (iMSys)“ genannten Stromzähler beginnen. Über drei Jahre Verzögerung brauchte es, bis im Februar 2020 der Startschuss durch das BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) fiel und langsam und schleppend der Smart Meter-Rollout begann. Nun ist er vorläufig schon wieder vorbei: Das Oberverwaltungsgericht NRW hat die entsprechende Allgemeinverfügung des BSI per Eilbeschluss am 04. März 2021 ausgesetzt.

Zur Vorgeschichte des Smart Meter Rollouts

Ab 2017 sollten ursprünglich „iMSys“ verbaut werden – unter der Voraussetzung, dass diese Kombinationen aus digitalem Stromzähler und Kommunikationseinheit (Smart Meter Gateway) von drei voneinander unabhängigen Herstellern angeboten, technisch sicher und am Markt verfügbar sind. Für die Prüfung dieser Umstände war und ist das BSI zuständig. Ende Januar 2020 wurde also endlich die technische Machbarkeit durch das BSI bestätigt. Es gab drei Hersteller (mittlerweile sogar vier), die vom BSI zertifizierte Gateways angeboten haben. Das hatte zwei Folgen: Erstens mussten ab jetzt grundzuständige Messstellenbetreiber (i.d.R. das örtliche Stadtwerk) mit dem Rollout von Smart Metern beginnen und innerhalb bestimmter Fristen einen bestimmten Anteil der Zähler in ihrem Gebiet umrüsten. Zweitens durften ab jetzt keine alternativen Messsysteme mehr verbaut werden, wie sie von mehreren Herstellern angeboten werden. Der Startschuss galt allerdings nur für bestimmte Anwendungsfälle; Stromzähler von Erzeugungsanlagen wie z.B. PV-Anlagen waren weiterhin ausgenommen. Zudem haben die ersten zertifizierten Gateways nur einen sehr eingeschränkten Funktionsumfang, der deutlich hinter dem zurückbleibt, was alternative Gateways bereits seit Jahren technisch leisten. Etwa im Hinblick auf Datenauflösung und Anzahl der Zähler, die mit einem Gateway gekoppelt werden können.

Das Oberverwaltungsgericht NRW hat dem Smart Meter  Rollout nun vorläufig einen Riegel vorgeschoben. Mehrere Anbieter alternativer Messsysteme hatten gegen die Allgemeinverfügung des BSI geklagt und haben Recht bekommen. Die Begründung: Die zertifizierten iMSys erfüllen nicht die gesetzlichen technischen Anforderungen. Konkret verfügen die Geräte über einen so geringen Funktionsumfang, dass dies nicht mehr im Sinne des Gesetzes ist. Das BSI darf zwar Anforderungen gemäß dem technischen Fortschritt anpassen, jedoch nicht die gesetzlichen Mindestanforderungen unterschreiten. Dieser Beschluss hat zur Folge, dass weiterhin alternative Messsysteme eingesetzt werden dürfen. Alle Geräte, die jetzt verbaut werden, genießen acht Jahre Bestandsschutz.

Unser Statement

Der Beschluss bestätigt die Entscheidung von EINHUNDERT, beim Thema Smart Metering auf die alternativen Messsysteme von Discovergy zu setzen. Vor allem im Mieterstrom bieten sie den Vorteil, dass wesentlich mehr Zähler an ein Gateway angebunden werden können, als das bei iMSys der Fall ist. Daraus ergeben sich klare Kostenvorteile sowie Vorteile im technischen Betrieb. EINHUNDERT ist der Überzeugung, dass ein Gateway pro Zählerraum ausreichen muss, was mit den zertifizierten Gateways aktuell in vielen Fällen nicht gegeben wäre. Mit dem Beschluss des OVG herrscht nun  Klarheit, dass bis auf weiteres rechtssicher alternative Messsysteme verbaut werden dürfen, die anschließend acht Jahre Bestandsschutz genießen. Parallel bereitet sich EINHUNDERT natürlich auch auf den Einsatz zertifizierter iMSys vor, hofft jedoch, dass diese erst dann verpflichtend werden, wenn sie im Funktionsumfang mindestens dem Stand der heute eingesetzten Discovergy-Gateways verfügen, um technisch keine Rückschritte machen zu müssen.  

Hierzu das Statement von Julian Halbey, Leiter technische Operations bei EINHUNDERT:

Der gesamte Zertifizierungsprozess ist ein Musterbeispiel an Überbürokratisierung und Perfektionismus. Deutschland wollte es mal wieder besser machen als alle anderen und die besten und sichersten Smart Meter überhaupt entwickeln. Stattdessen haben wir nun nach jahrelanger Verzögerung vier zertifizierte Gateways, die im Funktionsumfang noch hinter den gesetzlichen Anforderungen von 2017 zurückbleiben. Berechtige Anforderungen an Datenschutz und IT-Sicherheit dürfen dem Nutzen einer neuen Technologie nicht so stark gegenüberstehen, dass ihr Nutzen komplett eingeschränkt wird. Das BSI hat jetzt die Chance, sich bei den technischen Anforderungen dem Stand der Technik anzupassen, damit wir durch die Zertifizierung keinen Rückschritt erleben. Es  sollte die Zeit nutzen, um Gateways mit einem deutlich größeren Funktionsumfang verfügbar zu machen, damit Smart Meter endlich ihr Potential für die Energiewende ausschöpfen können.